Osnabrück

„D-Quest" - Qualifizierung von geflüchteten und zugewanderten Frauen

Ein Praktikumsplatz ist für geflüchtete und zugewanderte Frauen sehr wichtig, weiß Rosa Friesen vom Verein Exil in Osnabrück. „Denn dort können sie zeigen, was sie können.“ Darum gehört ein dreimonatiges Praktikum fest zu „D-Quest - Qualifizierung von geflüchteten und zugewanderten Frauen für den digitalisierten Arbeitsmarkt“. 2023 ist das Projekt gestartet.
Dabei kann Exil e.V. auf einen großen Schatz an Erfahrungen zurückgreifen, denn der Verein hilft schon seit vielen Jahren Menschen aus anderen Ländern dabei, den Sprung in den deutschen Arbeitsmarkt zu bewältigen. Doch das aktuelle Projekt richtet sich nur an Frauen. „Die Idee entstand, weil in unseren Kursen viele Ukrainerinnen saßen“, erinnert sich Annika Schulz.

20 Frauen können bei einem Durchlauf dabei sein. Viele stammen aus der Ukraine, aber auch aus Afghanistan, Syrien oder Albanien. Einige kamen über das Job-Center, doch die meisten wurden durch Mund-zu-Mund-Propaganda auf das Projekt aufmerksam. „Exil ist in Osnabrück bekannt“, berichtet Friesen. Viele Migrantinnen oder Geflüchtete, die bereits positive Erfahrungen mit dem Verein gemacht haben, empfehlen ihn ihren Bekannten und Angehörigen weiter.

Die Frauen sollen sich öffnen können
Wenn die Frauen sich melden, wird erstmal ein intensives Gespräch geführt. Dabei erfahren sie, was bei „D-Quest“ auf sie zu kommt. Gleichzeitig wollen die Mitarbeiterinnen des Vereins ein genaues Bild von der potenziellen Teilnehmerin bekommen, um herauszufinden, ob sie in dem Projekt gut aufgehoben ist. Dazu gehört zum Beispiel ein gewisses Sprachniveau. „B1 ist notwendig, um auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen“, sagt Annika Schulz.
Exil e.V. legt Wert auf eine gute, vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre, in der sich die Frauen öffnen können. Auf diese Weise wird auch schnell offenbar, ob es möglicherweise andere Hemmnisse im Leben der Frauen gibt, die sie daran hindern, einen Beruf zu ergreifen, wie vielleicht Traumata oder fehlende Kinderbetreuung.
„Man kann nur arbeiten, wenn das Drumherum stimmt“, erläutert Annika Schulz. So erstellen die Mitarbeiterinnen genaue Profile, was wichtig ist, um die Klientinnen richtig einschätzen zu können.

Wenn das Job-Center dann Grünes Licht gibt, startet ein Durchlauf, von denen insgesamt drei für das Projekt vorgesehen sind. Ein Durchlauf umfasst 10 Monate. Vier davon stehen im Zeichen der Theorie. Unterricht ist an vier Tagen in der Woche für jeweils vier Stunden. „Wir üben berufsbezogenes Deutsch“, sagt Rosa Friesen. Das komme bei vielen Frauen sehr gut an. „Sie sagen, das sei eine gute Ergänzung zu ihren Sprachkursen.“
Aber auch arbeitsmarktrelevante Inhalte werden vermittelt. Wie funktioniert das deutsche Bildungssystem? Welche Berufe gibt es? Wie schreibe ich eine Bewerbung? Wie verhalte ich mich in einem Vorstellungsgespräch? Was heißt es, Vollzeit zu arbeiten?

Von der Theorie in die Praxis
Eine weitere Säule ist das Computertraining. „Alle Teilnehmerinnen bekommen einen Laptop von uns“, schildert Annika Schulz. „Dann lernen sie die verschiedenen Programme kennen, wie zum Beispiel Zoom. Gerade Corona hat uns gezeigt, wie wichtig das ist.“ Damit sich dieses Wissen verfestigt, findet der Unterricht einmal in der Woche online statt.
Der fünfte Tag in der Woche steht schon im Zeichen der Praxis. „Wir besuchen Betriebe aus der Stadt und dem Landkreis Osnabrück oder Vertreter kommen zu uns“, sagt Rosa Friesen. „Auf diese Weise können die Frauen gleich Kontakte knüpfen.“ Aber auch die Agentur für Arbeit und das Berufsinformations-Zentrum stehen auf dem Plan.
Nach der Theorie geht es für drei Monate in die Praxis. Exil e.V. hilft den Frauen, einen Praktikumsplatz zu finden. Das sei eine Herausforderung, unter anderem, weil gerade die Ukrainerinnen hoch qualifiziert sind und sich wünschen, eine Arbeit zu finden, die zu ihren Fähigkeiten passt.

Motivierte Frauen mit Kämpfernatur

Was diese Frauen auszeichne, sei ihre extreme Motivation und ihre Kämpfernatur. „Sie besuchen vormittags unseren Kurs, gehen nachmittags oft noch in ihre Sprachkurse und kümmern sich zudem um ihre Kinder – meist allein, da die Männer in der Ukraine geblieben sind. Es ist sehr beeindruckend, was sie für eine Energie haben“, findet Annika Schulz und Rosa Friesen ergänzt: „Neulich haben wir ein Gespräch mit einer Vertreterin der Handwerkskammer zum Thema Selbstständigkeit organisiert, an dem die Frauen großes Interesse zeigten.“

Nach dem Praktikum erfolgt noch für drei Monate eine Nachbetreuung. Dabei wird geschaut, wie es nun für jede einzelne Teilnehmerin weitergehen könnte. „Das kann ganz unterschiedlich sein“, erläutert Annika Schulz. „Manche merken, dass sie doch noch einen Sprachkurs benötigen, dann suchen wir nach einem Sprachkurs. Manche möchten sich durch die Erfahrungen des getätigten Praktikums beruflich doch nochmal umorientieren, dann schauen wir gemeinsam nach Optionen. Im besten Fall suchen wir aber nach anschließenden Arbeits- beziehungsweise Ausbildungsmöglichkeiten.“

Der erste Durchlauf hat bereits einige Erfolge aufzuweisen. „Zwei Frauen haben einen Arbeitsvertrag bekommen und eine fand sogar noch während des Durchlaufs einen Job“, freut sich Annika Schulz. Generell sei dies eine „schöne, starke Gruppe“ mit einer „besonderen Atmosphäre“ gewesen. „Eine Frau, die in der Ukraine Veranstaltungen und Reisen organisiert hat, bat darum, das Abschlussfrühstück für die Gruppe organisieren zu dürfen. Sie brachte sehr viele schöne Ideen ein. Unter anderem, dass jeder seinem linken Sitznachbarn ein Kompliment machen sollte. Es wurde sehr emotional und auch Tränen sind geflossen.“

Stimmen der Teilnehmerinnen
Doch was sagen die Teilnehmerinnen selbst? „Ich war unsicher, ob ich eine Chance habe, in Deutschland einen Beruf zu finden“, erklärt Marharyta aus der Ukraine warum sie sich für das Projekt entschieden hat. „Mithilfe dieses Kurses wollte ich meine Aussichten verbessern.“ Ihr sei es vor allem wichtig gewesen, dass deutsche Ausbildungssystem zu verstehen, um sich einen Ausbildungsplatz zu sichern.
Haben sich ihre Erwartungen erfüllt? „Ja“, erklärt die Teilnehmerin. „Ich war sehr entspannt und mochte die Kursatmosphäre. Die Unterstützung von vier Kursleiterinnen hat dafür gesorgt, dass ich mich sicher fühle. Ich habe verstanden, dass ich hier auch einen Wert haben kann.“ Am besten gefiel Marharyta, dass sie neue Leute kennenlernen sowie all ihre Fragen stellen konnte und ihr bei ihrer Suche nach Selbstverwirklichung geholfen wurde.

Iryna aus der Ukraine erhoffte sich von „D-Quest“ ebenfalls professionelle Hilfe, um die richtige Berufswahl für sich treffen zu können. Und sie hatte auch schon eine konkrete Vorstellung: „Ich wollte ein Praktikum in einem Kindergarten machen, um zu sehen, ob ich mich als Erzieherin in Deutschland verwirklichen kann.“
Ihre Erwartungen seien sogar übertroffen worden. „Hier bekam ich volle Unterstützung, der Unterricht war interessant und informativ. Ich habe verschiedene Unternehmen besucht, meine Kenntnisse in Word, Excel und Power Point verbessert und gelernt, wie man einen Lebenslauf schreibt und sich auf ein Vorstellungsgespräch vorbereitet.“ Besonders habe sie die Praxistage sowie die Kompetenz, das Verständnis und die Freundlichkeit der Lehrer genossen.

Die deutsche Sprache besser verstehen, sich mit den Gesetzen und dem Leben in Deutschland vertraut zu machen und Kenntnisse von Computerprogrammen in deutscher Sprache zu verbessern – all das hat Nataliia aus der Ukraine dazu bewogen, bei „D-Quest“ mitzumachen.
Auch sie ist voll des Lobes über das Projekt: „Ich habe viel über das Bildungssystem in Deutschland gelernt und einen Weg für meine weitere berufliche Entwicklung gefunden. Außerdem hatte ich dank des Projekts die Möglichkeit, ein Praktikum in zwei Unternehmen zu machen, wo ich verstanden habe, wie Rechnungswesen und Personalmanagement funktionieren, was mich in meinem Beruf interessiert. Mir ist klar geworden, dass es möglich ist, eine Stelle im eigenen Fachgebiet zu finden, wenn man sich nur genug anstrengt.“
Besonders schwärmt Nataliia von ihren Lehrerinnen: „Sie sind sehr nett und erklären den Stoff auf sehr verständliche Weise, sie motivieren mich auch, wenn ich mich schlecht fühle. Außerdem wurde mein Traum wahr: das Projekt hat mir geholfen, einen Praktikumsplatz im Stadthaus zu finden, wo ich wahrscheinlich nach der Weiterbildung arbeiten werde! Ich denke, dass die Teilnahme an dem Projekt das Beste war, was mir in Deutschland passiert ist.“

Alle drei Teilnehmerinnen würden anderen Frauen das Projekt weiterempfehlen: „Das ist wirklich eine professionelle Ausbildung für die Zukunft!"
„⁠Ich würde es auf jeden Fall empfehlen. Sie haben mir geholfen, den Aktionsalgorithmus für meine weitere Entwicklung Schritt für Schritt zu verstehen.“
„Um Selbstvertrauen zu gewinnen und die richtige Berufswahl zu treffen, um in Beschäftigungsfragen kompetent zu sein, empfehle ich die Teilnahme an diesem Kurs."

In aller Kürze:
Das Projekt „D-Quest - Qualifizierung von geflüchteten und zugewanderten Frauen für den digitalisierten Arbeitsmarkt“ besteht seit 2023. 20 Frauen können bei einem Durchlauf dabei sein. Ein Durchlauf umfasst 10 Monate, für das Projekt sind ingesamt drei Durchläufe vorgesehen.

Kontakt
Möchten Sie mehr wissen? Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Vereins Exil.

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