Göttingen
Bündnis für Alleinerziehende
Frauen, die ihre Kinder alleine großziehen, haben ein hohes Risiko in die Armut zu rutschen. Um das zu verhindern, müssen sie einer Arbeit nachgehen.
Das wiederum ist nur möglich, wenn die Kinder betreut werden können. Doch die Plätze sind knapp und gehen bevorzugt an Eltern, die belegen, dass sie bereits berufstätig sind. „Das bedeutet, eine alleinstehende Mutter, die noch keine Arbeit hat, wird auch keine annehmen können, weil sie keinen Betreuungsplatz bekommt“, erläutert Jutta Deitermann, Projektbereichsleiterin an der VHS Göttingen Osterode gGmbH und Koordinatorin des „Bündnisses für Alleinerziehende“. „Der Abstieg in die Armut wird für sie und ihre Kinder zur Gewissheit, weil ihnen der einzige Ausweg aus der Situation versperrt bleibt.“
Darum sind die fehlenden Betreuungsplätze in der Stadt und dem Landkreis Göttingen ein Dauerthema auf der Agenda des Bündnisses. „Da braucht es eine Änderung“, betont die Projekt-Koordinatorin. „Deswegen sind wir gerade dabei, uns Betreuungsmodelle aus anderen Kommunen anzuschauen und sie in Göttingen zu präsentieren.“
Auf die Nöte und Sorgen von Alleinerziehenden aufmerksam machen, für sie zu sensibilisieren und Veränderungen anzustoßen – das hat sich das „Bündnis für Alleinerziehende“ auf die Agenda geschrieben.
"Unser Wunsch war, eine Lobby zu werden"
Bereits seit 2009 existierte eine ähnliche Institution, die sich „Runder Tisch für Alleinerziehende“ nannte. „Alle Institutionen, die mit dem Thema Alleinerziehende in Berührung kamen, tauschten sich dort regelmäßig aus“, erläutert Jutta Deitermann. „Wir leisteten aber auch Aufklärungsarbeit für Alleinerziehende, um diese beispielsweise darüber zu informieren, was ihnen gesetzlich zusteht. Unser Wunsch war, eine Lobby zu werden, die auch Einfluss auf Politik und Verwaltung nehmen kann, und als Expertinnen zu gewissen Fragen oder Projekten hinzugezogen zu werden.“
Dann startete das Projekt „Chancen und Wege für Alleinerziehende“, das Stellenanteile für Kolleginnen aus Stadt und Landkreis Göttingen finanzierte. Das war ein großer Schritt nach vorne, denn nun war es unter anderem möglich, einen Anlaufpunkt für Alleinerziehende zu schaffen, die bei Stadt und Landkreis angedockt war. „Dadurch wurde alles vereinfacht“, sagt Jutta Deitermann. Statt von Behörde zu Behörde zu rennen, konnte sich die Ratsuchenden an einer Stelle Informationen und Hilfe holen.
Zudem koordinierten die Mitarbeiterinnen den Runden Tisch, der eine wahre Hochphase erlebte. „Wir schulten Multiplikator*innen und veranstalteten Workshops für Verwaltungsmitarbeiter*innen, um sie für die Lebensumstände von Alleinerziehenden zu sensibilisieren.“ Diese Arbeit sei sehr wichtig und habe so manchem verärgerten Beamten die Augen dafür geöffnet, was es für eine alleinerziehende Mutter bedeutet, verschiedene Termine an verschiedenen Orten wahrnehmen zu müssen, gerade, wenn sie nebenbei noch arbeitet.
Mit der RIKA-Förderung begann ein neuer Abschnitt
Doch als das Projekt nach zwei Jahren endete, fielen die Stellenanteile wieder weg und auch die Koordinatorinnen des Runden Tisches waren nicht mehr da.
Jutta Deitermann übernahm zusammen mit einer Kollegin aus dem Landkreis Göttingen übergangsweise den Posten, zusätzlich zu ihrer eigentlichen Arbeit, um die Institution am Leben zu erhalten. Ein Antrag auf Förderung durch die RIKA-Richtlinie wurde gestellt – und bewilligt! Von dem Geld wird nicht nur die Koordinatorin des Runden Tisches finanziert, sondern auch ihre Kollegin, die sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert.
Zum Zeichen, dass mit der Förderung auch ein neuer Abschnitt eingeläutet werden soll, benannte sich der Runde Tisch in „Bündnis für Alleinerziehende“ um, dem inzwischen 20 Mitglieder angehören. „Alle zwei Monate gibt es ein Bündnistreffen.
Zudem kommt alle zwei Monate eine Steuerungsgruppe zusammen, die aus sechs Mitgliedern besteht. Zu ihnen gehören unter anderem die beiden Gleichstellungsbeauftragten sowie die Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt.“
Jutta Deitermann koordiniert diese Treffen, führt Protokoll, sucht neue Bündnispartner*innen, vertritt das Bündnis in anderen Netzwerken oder nimmt an Ausschusssitzungen teil. Außerdem erstellen sie und ihre Kollegin Pressemitteilungen zu aktuellen Themen, wie zum Beispiel der Kindergrundsicherung.
Neues Ziel: eine Beratungsstelle
"Wir sind sehr dankbar für die Förderung“, erklärt Jutta Deitermann. „Sie erlaubt es uns, strukturiert zu arbeiten und unsere Ziele weiter zu verfolgen.“
Und wie lauten diese Ziele? „Zum einen wollen wir erneut eine Beratungsstelle für Alleinerziehende schaffen, damit es wieder einen Anlaufpunkt bei Stadt und Landkreis gibt. Zum anderen würden wir gern erreichen, dass die Stadt Göttingen die Alleinerziehenden als Produktziel definiert – also ihnen besondere Aufmerksamkeit schenkt -, so wie es der Landkreis Göttingen bereits getan hat.“
In aller Kürze:
Das Bündnis für Alleinerziehende gibt es in der aktuellen Form seit 2023. Die Förderung ist auf zwei Jahre angelegt.
Dem Bündnis gehören etwa 20 Mitglieder an.
Kontakt
Möchten Sie mehr wissen? Weitere Informationen finden Sie auf der Website des Bündnisses für Alleinerziehende.